Stellen anzeigen, wo Fachkräfte sind

Wieso der Rekrutierungsprozess eigentlich doch zum Marketing zählt

Der Fachkräftemangel, die Pandemie und die Abneigung vieler potenzieller Bewerber und Bewerberinnen gegen bürokratische Unternehmen machen die Personalbeschaffung noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist. Eine der Herausforderungen, mit denen Personalvermittler bei der Gewinnung von Talenten konfrontiert sind, ist die Schwierigkeit, Stellen effektiv zu vermarkten. 

Es ist wichtig zu erkennen, dass die Personalbeschaffung im Wesentlichen eine Marketingfunktion ist. Um Talente anzuziehen und Ihr Unternehmen von anderen zu unterscheiden, müssen Sie die Talente, die Sie suchen, besser ansprechen und an sich binden. Stellenausschreibungen, Empfehlungen von Mitarbeitenden und die Suche im Internet sind dabei nicht oder nicht mehr ausreichend. Wie Sie den Rekrutierungsprozess erfolgreicher gestalten können, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.   

Frühere Rekrutierungsmassnahmen 

Die meisten heutigen Personalbeschaffungsmassnahmen ähneln der Art und Weise, wie um die Jahrhundertwende Produkte verkauft wurden. Ladenbesitzer und -besitzerinnen bewahrten ihre Waren entweder ausser Sichtweite der Kundschaft oder hinter Regalen und in Schubladen auf, die nur für den Ladenbesitzenden zugänglich war. Sie warteten darauf, dass potenzielle Kundschaft auftauchte. Die Kundschaft  sollte wissen, was sie will und auch danach fragen. Ein Kunde oder eine Kundin musste nach etwas Bestimmtem fragen, und der Händler zeigte ihm nur diesen einen Gegenstand. Es gab kein Engagement, kein Verkaufen und kein Anpreisen der Vorteile dieses Produkts oder anderer ähnlicher Produkte. 

Schliesslich änderten innovative Geschäfte wie Macy’s ihre Vorgehensweise, indem sie Artikel offen ausstellten, Werbung schalteten und sie dann gezielt an ihre potenzielle Hauptkundschaft – Frauen – verkauften. Sie boten bekannten Prominenten besondere Artikel an und entwickelten die gesamte Modewelt, wie wir sie heute kennen. Sie verliessen sich auf Klatsch und Mundpropaganda, um neue Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Die Schaufensterauslagen schufen Traumwelten und spielten mit den Emotionen der Kundschaft. Sie ermutigten das Verkaufspersonal, sich auf die Kunden und Kundinnen  einzulassen, Beziehungen aufzubauen und sogar Kleidung anzuprobieren oder das Produkt vorzuführen.

Die Personalbeschaffung kann viel von dieser Geschichte und dem Marketing lernen. Wir sind nicht gut darin, unsere offenen Stellen attraktiv zu gestalten. Wir mögen es nicht zu vermarkten oder zu verkaufen, weil wir denken, dass das in gewisser Weise unangemessen ist und dass es besser ist, unsere Jobs in Formulare zu hüllen und zu verschleiern, was gebraucht wird.

Praktisch keine Alleinstellungsmerkmale mehr

Wir sind auch schlecht darin, unser Unternehmen von anderen zu unterscheiden. Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen Unternehmen ist oft nur die Produktmarke, das öffentliche Image und die emotionale Anziehungskraft. Warum sollte man für Google und nicht für Facebook arbeiten? Das Gehalt ist ungefähr gleich, die Sozialleistungen sind grossartig, und das Management ist ähnlich. Der Hauptgrund ist der Glaube, dass das eine irgendwie besser ist als das andere. Diese Meinung ist hauptsächlich subjektiv und wird von Freunden, sozialen Netzwerken und den Medien aufgebaut oder geschwächt.

Personalmassnahmen von heute

Überlegen Sie sich, was wir normalerweise tun, um eine Stelle zu «bewerben». Wir veröffentlichen eine Stellenausschreibung, die selten interessant oder gar lesenswert ist. Diese ist voller Fachausdrücke, und jeder bzw. jede Bewerbende mit Erfahrung weiss, dass das Geschriebene wahrscheinlich weit von der Realität entfernt ist. Nur wenige Unternehmen geben potenziellen Bewerberbenden einen echten Eindruck davon, worum es bei der Stelle geht. Einige wenige Firmen erstellen Videos über den Arbeitsalltag, die aber oft nicht der Realität entsprechen.

Eine Person bewirbt sich nur auf eine ausgeschriebene Stelle, von der sie den Inhalt kennt. Der Bewerber ist ein passiver Teilnehmer, der völlig auf den Personalverantwortlichen angewiesen ist, um Informationen zu erhalten oder sich für die Stelle zu begeistern. Viele Stellen werden aber gar nicht oder nur spärlich ausgeschrieben. Ein Personalvermittler entscheidet ausserdem in der Regel, für welche Stelle ein Kandidat oder eine Kandidatin am besten geeignet ist, und erhält von dieser Person auch keinerlei Hinweise darauf, was ihm oder ihr gefallen oder was er oder sie gut können könnte. Der Personalvermittler kontrolliert alles, indem er auf den Kandidaten oder die Kandidatin zugeht, mit ihm oder ihr Gespräche führt und ihn oder sie schliesslich empfiehlt. Die Rolle der Bewerbenden besteht darin, sich zu fügen, sich einigermassen unterzuordnen und ihr Talent zu präsentieren. Auch wenn es Variationen gibt, so ist dies doch eine gute Zusammenfassung der meisten Einstellungsprozesse.

Wenn wir davon ausgehen, dass das Ziel der Personalbeschaffung darin besteht, die bestmöglichen Mitarbeitenden für das Unternehmen zu gewinnen – die Mitarbeitenden, die die Ziele erreichen, das Produkt oder die Dienstleistung verkaufen, entwerfen und innovativ sein werden -, dann müssen wir Kandidaten und Kandidatinnen aus einem möglichst breiten Spektrum ansprechen. Wir müssen die Einstellung haben, dass wir durch Interaktion und gegenseitiges Kennenlernen sowohl für den Kandidaten bzw. die Kandidatin als auch für das Unternehmen eine gute Lösung finden können.

Mögliche Veränderungs-Dimensionen 

Es gibt drei Bereiche, in denen die Recruitingverantworlichen Veränderungen vornehmen können, die ihre Marketingfähigkeiten verbessern und sie und das Unternehmen relevanter und wertvoller machen können.

1. Gestaltung

Websites, soziale Medien und Kommunikationstools müssen so umgestaltet werden, dass sie den Bewerbenden ein personalisiertes, massgeschneidertes Erlebnis bieten und so weit gehen, dass sie zu Gesprächen mit derzeitigen Mitarbeitenden oder Experten und Expertinnen des Unternehmens eingeladen werden. Die Bewerbenden sollten entscheiden, worauf sie ihre Interessen richten und wann sie nach Möglichkeiten suchen. Es ist die Aufgabe des Personalvermittlers, dafür zu sorgen, dass Bewerbende genügend Informationen über alle Optionen haben, um gute Entscheidungen treffen zu können. Es sollten Instrumente zur Verfügung stehen, mit denen potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen auf verschiedene berufliche Kompetenzen und Fähigkeiten geprüft werden können.

Die üblichen, einfachen und einseitig ausgerichteten Websites zur Personalbeschaffung, an die wir gewöhnt sind, sind unzureichend. Selbst Social-Media-Seiten, die nur gelegentlich aktualisiert werden, bieten Bewerbenden, die aktuelle Informationen suchen oder Hilfe beim Verständnis oder die Beantwortung einer Frage benötigen, wenig bis gar keinen Wert.

Zu den weiteren Aspekten der Neugestaltung gehören die Stellenbeschreibungen. Diese müssen spannender und attraktiver gemacht. Vor allem sollte aber besser aufgezeigt werden, wie die Arbeit aussieht. Willige Mitarbeitende sollten die Möglichkeit haben, mit potenziellen Bewerbenden zu sprechen, und Empfehlungsprogramme sollten personalisiert und reaktionsschnell sein.

Bewerbende sind anspruchsvoll bei der Suche nach Informationen über die Unternehmenskultur und recherchieren oft, wer im Unternehmen arbeitet. Sie sehen nach, was die Mitarbeitenden sagen. Sie sehen sich die sozialen Medien an und nutzen ihr Netzwerk, um sich über Themen, Kultur, Arbeitsstil und sogar darüber zu informieren, für wen sie potenziell arbeiten werden. Es gibt keine Geheimnisse – eine offene Kommunikation ist entscheidend für die Schaffung von Vertrauen.

2. Daten

Personalverantwortliche benötigen Informationen aus Daten, um die nützlichsten Einstellungsprogramme, Websites und Tools für soziale Medien zu erstellen. Viele Unternehmenswebsites und Social-Media-Websites sammeln Daten – wie die Anzahl der Zugriffe, Retweets, Likes, oder Klicks, aber nur wenige machen aus den Daten auch etwas Sinnvolles.

Ist es von Bedeutung, dass ein Artikel häufiger retweetet wurde als ein anderer? Bedeuten mehr Likes auch mehr Neueinstellungen? Welche Datenelemente sagen am genauesten voraus, ob es sich um einen guten oder einen mittelmässigen Bewerber handelt? Welche Inhalte ziehen die qualifiziertesten Bewerber an? Wann und mit wem wird auf der Website interagiert? All dies sind zentrale Fragen, welche gemeinsam als Unternehmen oder vor allem als HR-Team gemeinsam diskutiert werden müssen.

Jeder HR-Fachmann resp. jede HR-Fachfrau muss diese Art von Daten sammeln und auswerten. Entscheidungen über neue Inhalte und Bereiche, auf die man sich konzentrieren sollte, können so besser und schneller getroffen werden. Sie sollten einen Datenwissenschaftler oder eine Datenwissenschaftlerin hinzuziehen, der oder die bei der Beantwortung solcher Fragen helfen kann. Optimalerweise können Sie ein funktionsübergreifendes Team aus Datenwissenschaftlern, IT-Fachleuten und Marketingmitarbeitenden zusammenstellen, um die Informationen zu erhalten, die Sie benötigen, um kontinuierlich zu lernen und Ihre Inhalte, Websites und sozialen Medien zu aktualisieren.

Nur wer über die richtigen Daten verfügt, kann seine Inhalte auch zielgerichtet einsetzen und die am besten qualifizierten Personen ansprechen.

3. Engagement

Mithilfe der beschriebenen Instrumente und Daten können Personalbeschaffungsfunktionen zu Engagement-Hubs, Informationszentren und Kanälen werden, in denen Mitarbeitende und potenzielle Bewerbende einander kennenlernen, voneinander lernen und Wege zur Zusammenarbeit finden können, sei es als Vollzeitbeschäftigter oder Vollzeitbeschäftigte, als Teilzeitbeschäftigter oder Teilzeitbeschäftigte oder auf andere informelle Weise.

Für einige wird es das erste Mal sein, dass sie von Ihrer Organisation hören, andere werden etwas wissen, aber nicht viel, und für wieder andere ist Ihr Unternehmen vielleicht eine alte Geschichte. Aber wo auch immer sie sich befinden, es sollte überzeugende Inhalte, Videos und vielleicht Spiele oder andere Tools geben, die sie aufklären, einbinden und bei der Stange halten.

Um dies zu erreichen, ist es erforderlich, die Personalbeschaffung neu zu gestalten und sie von einem transaktionalen und einseitigen Prozess zu einem beziehungsbasierten Prozess zu machen, der einen Querschnitt von Mitarbeitenden und potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen einbezieht und deren Ziel nicht unbedingt eine Einstellung ist, sondern eine engagierte und interessierte Person, die irgendwann ein Kandidat oder eine Kandidatin werden könnte.

Zum Schluss

Es lässt sich also festhalten, dass die Formel für den Rekrutierungserfolg immer mehr einer Marketingstrategie ähnelt:

Recruiting-Erfolg = Daten + gezielte Inhalte + authentische Informationen + Interaktion mit Kandidaten und Kandidatinnen + Erfahrung mit Kandidaten und Kandidatinnen + Marke

In Anbetracht dessen sollte jeder Recruiter und jede Recruiterin darauf bedacht sein, die erwähnten Punkte so gut als möglich zu beachten und im Unternehmen zu implementieren, um den eigenen Rekrutierungserfolg maximieren zu können.

Quelle: Future of Talent

jobchannel Know-how durchsuchen…

Allgemein Auswahlprozess jobchannel News Karriereseite Messen & Analysieren Ratgeber Stellenanzeigen Studien & Trends Zielgruppenansprache