Der Blick von Recruitern fällt bei Kandidat:innen meist zuerst darauf: Was haben sie für Bildungsabschlüsse? Gerade in Berufen, in denen ein gewisses Bildungsniveau nötig ist, aber nicht zwingend ein Hochschulabschluss, würden Arbeitgeber gut daran tun, auch Personen ohne Studienabschluss eine Chance zu geben. Das belegt eine neue Studie der Harvard Business School.
Darum geht es:
Es gibt einen grossen, diversen Pool von fähigen Arbeitskräften, denen aber wegen fehlender Studienabschlüsse so manche Chancen auf einen passenden Job verwehrt bleiben. Darum ist es laut den Studienautor:innen an der Zeit, den Fokus nicht auf Abschlüsse, sondern auf im Unternehmen gefragte Skills zu legen.
- Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach Skills rekrutieren, haben einen Wettbewerbsvorteil. Sie können auf ein viel breiteres Potenzial an Talenten zurückgreifen.
- Rekrutierten Personen ohne Hochschulabschluss kann der (Quer-)Einstieg in einen Job mittels Praktika oder berufsbegleitenden Bildungsgängen erleichtert werden. Auch besteht die Möglichkeit eines nachträglichen Upskillings.
- Der Fokus auf Skills statt Abschlüsse baut Ungleichheiten in der Recruiting-Praxis ab. Auch fördert er die Diversität im Unternehmen und damit oft auch Mitarbeiterbindung, Arbeitszufriedenheit und Produktivität.
- Der Skills-Fokus lässt sich vom Recruiting auf die allgemeine Mitarbeiterentwicklung erweitern. Positionswechsel innerhalb des Unternehmens können so flexibler gestaltet werden.
- Schlussendlich geht es darum, eine Kultur des Skills-Fokus im Unternehmen aufzubauen. Bisweilen müssen hierbei Kadermitglieder vom Nutzen dieses Fokus überzeugt werden. Es braucht Zeit und Investitionen, um Kultur und Prozesse zum gesamtheitlichen Skills-First-Ansatz aufzubauen. Doch die Investition zahlt sich klar aus.
Darum ist es wichtig:
Noch immer stehen für einen Grossteil der Unternehmen, die Fachkräfte einstellen, die Abschlüsse der Kandidat:innen im Vordergrund – bei komplexeren Tech-Jobs in den USA sind es rund 90 Prozent. Bisweilen ist ein fehlendes Studienzertifikat sogar ein Ausschlusskriterium für Jobs, in welchen ein Bachelor oder Master nicht einmal erforderlich wäre. Das ist einerseits nachteilig für potenzielle Bewerber:innen, welche die Skills für die Stellen durchaus mitbringen würden, aber denen eine Karriere im gewünschten Arbeitsbereich erschwert, wenn nicht sogar verwehrt wird. Andererseits ist es ein Nachteil für die Unternehmen: Lassen sie bestimmte Gruppen von Talenten ausser Acht, verschärft sich für sie der Fachkräftemangel. Zudem schnappt ihnen die Konkurrenz dann die fähigen Mitarbeitenden weg, welche sie selbst gut hätten gebrauchen können. Durch ihren auf Abschlüsse fokussierten Blick verbauen sich solche Unternehmen also wertvolle Chancen auf fähiges Personal.